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Es ist der 11. März 2011, als die Erde in Japan bebt. So heftig, dass Gebäude einstürzen und Menschen unter den Trümmern begraben werden. So heftig, dass sich das Meer an der Ostküste des Landes zehn Meter hoch auftürmt und Häuser, Frauen, Männer und Kinder mit sich reißt. So heftig, dass diese Welle auch ein Atomkraftwerk lahmlegt: Fukushima Daiichi. Das Erdbeben, das zur Katastrophe von Fukushima führte, dem Tschernobyl unserer Zeit, jährt sich am 11. März zum dritten Mal. Der Tag veränderte das Leben von Millionen von Menschen. Nicht nur das von denen in Japan. Nicht nur das jener, die in den Tagen um den 11. März ihre Mütter, Väter, Söhne, Töchter, Onkel, Tanten oder Freunde verloren. Die Katastrophe veränderte auch das der Menschen in Deutschland.
Drei Jahre nach der Katastrophe ist in Fukushima wieder so etwas wie Normalität eingekehrt. Auf den Bildern im Schaufenster des Fotostudios lächeln Mädchen in Kimonos, beim Frisör schauen sie kritisch zu, wie er ihnen die Haare schneidet, ihre Eltern gehen zur Arbeit. So wie hier in Koriyama, die drittgrößte Stadt von Fukushima, 60 Kilometer vom havarierten Atomkraftwerk Daiichi entfernt. Und doch ist nichts so, wie es einmal war.
Nach dem 11. März haben die Menschen in Koriyama gelernt, wie man die jährlich vom Körper verkraftbare Dosis an radioaktiver Strahlung ausrechnet. Sie wissen nun, wie hoch die radioaktive Belastung bei einem Langstreckenflug ist, und mit wie viel Becquerel atomarer Strahlung ihre Lebensmittel maximal kontaminiert sein dürfen. Seit der Katastrophe gibt es in Koriyama Supermärkte, die ein eigenes Labor haben. Jede Obstkiste, jede Lieferung Gemüse aus der Region wird mit speziellen Geräten auf radioaktive Strahlung getetest. Liegt sie unter 50 Becquerel, dürfen die Menschen in Koriyama sie essen. Überall im Ort verteilt stehen nun weiße, einen Meter hohe Säulen mit einer Solarplatte auf der abgerundeten Spitze und einer digitalen Anzeige mit roten Ziffern - Geigerzähler. Die roten Stäbchen auf der Anzeigetafel formen die Zahl der aktuellen Strahlenbelastung. Sie schwankt zwischen 0,16 und 0,3 Mikrosievert pro Stunde. Der Wert ist im Vergleich zum Wert vor der Katastrophe immer noch um das vier- bis achtfache erhöht. Im Jahr 2010, vor dem Reaktorunglück, waren es nur durchschnittlich 0,04 bis 0,06 Mikrosievert pro Stunde.
Anne Kaneko ist gebürtige Engländerin. Als die Erde am 11.März 2011 bebte, lebte die 63-Jährige bereits seit zehn Jahren in Koriyama und leitete dort eine Fabrik für Pappkartons. Vielen in Koriyama sei die Gefahr durch die Explosion im Atomkraftwerk Daiichi nicht bewusst gewesen, sagt sie. Die Menschen hatten nach dem schweren Beben andere Sorgen. Das Wasser war knapp, die Regale in den Supermärkten waren leergefegt. Und so nahmen sie auch die Explosion im nur 60 Kilometer entfernten Kernkraftwerk Fukushima Daiichi wie in einer Blase wahr.
Nach der dritten Explosion am Dienstag, den 15.März, werden die Menschen in Koriyama immer unruhiger. Gemeinsam mit einem befreundeten Unternehmer überlegt Anne, was sie machen sollen. Sie beschließen, den Anweisungen der Regierung zu folgen. Und die sagt: weitermachen. Trotzdem sagen sie ihren Mitarbeitern, dass jeder, der will, ein paar Tage frei nehmen kann - bezahlt. Doch niemand geht. Alle kommen zur Arbeit. Wegen des mangelnden Öls können nur Pappschachteln produziert werden, für die Bedruckung fehlen die Mittel. "Im Nachhinein würden wir es anders machen", sagt Anne heute. "Es war zu gefährlich." Die Botschaften evakuierten alle Menschen innerhalb eines 80-Kilometer-Radius um Fukushima-Daiichi.
Am 15. März regnet es in Koriyama. Anne ist zu diesem Zeitpunkt bereits in ihr altes Haus etwas außerhalb der Stadt gezogen, das sie inzwischen an einen Freund vermietet hatte. Um Benzin zu sparen, fährt sie die fünf Meilen nach Koriyama zur Arbeit immer mit dem Fahrrad. Auch an diesem Tag. "Ich bin sicher, dass ich eine gute Dosis abbekommen habe", sagt sie. "Wissen Sie, diese Dinge machen einen heute wirklich wütend. Wir wussten es einfach nicht besser. Niemand hat uns etwas gesagt." In anderen Städten hatten sie Lautsprecherdurchsagen, die Behörden sagten den Leuten, dass sie in ihren Häusern bleiben sollen und gaben ihnen Jod-Tabletten. "Uns hat niemand etwas gesagt. Die Kinder haben weiter auf der Straße gespielt", erzählt Anne Kaneko.
Ob Kiyomi Shiga Bilder von dem Haus zeigen kann, in dem er die letzten 14 Jahre gewohnt hat. Nein, sagt er und blickt auf den Boden. Die Welle hat alles mitgenommen. Es gibt keine Fotos mehr, nur noch die Bilder in seinem Kopf. Der 59-Jährige Japaner sitzt in einem kleinen Raum im Gemeinschaftszentrum der Flüchtlingsunterkünfte in Koriyama. Er ist ein großer Mann, seine breiten Schultern hat er in eine flauschige blaue Sweatjacke gehüllt, auf Höhe der Brust steht "Motivation". Er klagt nicht, wenn er seine Geschichte erzählt. Er erzählt sie gefasst und ruhig. In der Gemeinschaft der Flüchtlinge in Koriyama spielt er eine wichtige Rolle, er motiviert sie, veranstaltet Feste und Karaoke-Abende.
Nach Tomioka, der Ort, in dem er insgesamt fast 60 Jahre seines Lebens verbracht hat, wird er wahrscheinlich nie wieder zurückkehren können. Zwar darf er inzwischen wieder kurze Ausflüge dorthin machen, um nach Habseligkeiten zu suchen, die das Meer wieder ausgespuckt hat - aber nur mit Genehmigung. Tomioka liegt rund zehn Kilometer vom Atomkraftwerk Daiichi entfernt in der japanischen Präfektur Fukushima. Shigas Haus stand ganz nah am Strand. Wenn er das Fenster aufmachte, konnte er die Wellen brechen hören und sehen, wie sie schaumig auf den Sand klatschen. Zusammen mit Verwandten lebte er auf 140 Quadratmetern, sein Grundstück war 922 Quadratmeter groß.
Jetzt teilt sich Shiga mit seinem Onkel ein 20 Quadratmeter großes Haus aus Plastikwänden in Koriyama. Wenn er aus seiner Tür heraustritt, trennen ihn weniger als zwei Meter von seinen Nachbarn gegenüber. Das Haus gehört zu einer der insgesamt 17.000 Notunterkünften, die die japanische Regierung nach dem Tsunami und der anschließenden Atomkatastrophe einrichtete. Eigentlich waren die Unterkünfte nur als Übergangslösung gedacht. Inzwischen wohnt Shiga gemeinsam mit rund 800 anderen Flüchtlingen der Atomkatastrophe bereits seit fast drei Jahren in den Plastikhäusern in Koriyama.
Shiga vermisst das Rauschen der Wellen vor seinem Fenster. Und er vermisst seine alte Dorfgemeinschaft. "Wenn ich auf die Straße gegangen bin, kannte ich viele Menschen und wir haben uns unterhalten", erzählt er. Wenn der 59-Jährige von seinem alten Leben erzählt, verweilt sein Blick nicht im Hier und Jetzt. Er ist dann nicht mehr da, sondern weit weg, in einer anderen Zeit. Fast seine gesamte Familie hat in Tomioka gelebt. Insgesamt waren sie zu zehnt. Ein Onkel und eine Tante starben während des Tsunamis, drei weitere Onkel und eine Tante starben, nachdem sie bereits evakuiert waren. "Ich war auf zu vielen Beerdigungen in letzter Zeit", sagt Shiga. Die japanische Tageszeitung "Mainichi Shimbum" hat in einer Studie herausgefunden, dass auf Grund der Strapazen der Evakuierung mehr Menschen nach dem Erdbeben und dem verheerenden Tsunami ums Leben kamen, als bei der Katastrophe selbst. Die Überlebenden wurden auf die einzelnen Dörfer aufgeteilt. Shiga ist seitdem nur noch ein Onkel an seiner Seite geblieben.
Shigas Heimatort Tomioka ist immer noch unbewohnbar. Die Aufräumarbeiten gehen nur schleppend voran, überall liegen noch die Trümmer der zerstörten Häuser und die verstreuten Habseligkeiten ihrer ehemaligen Bewohner. Shiga darf nur mit Sondererlaubnis in das Gebiet, in dem er einst mit seinen Verwandten gelebt hat. Er selbst war nicht in Tomioka, als das Unglück passierte, sondern arbeitete im Norden Japans als Techniker in einem der 48 japanischen Atomkraftwerke. Insgesamt arbeitete er 40 Jahre lang in Atomkraftwerken im ganzen Land, auch in dem Katastrophen-Reaktor Fukushima Daiichi. Niemals hätte er den Kollaps eines Atomkraftwerks für möglich gehalten. Er kritisiert das Verhalten der Regierung und des Betreibers Tepco nach dem Unfall. Die Menschen seien zu spät über die Situation informiert worden, sagt er. Shiga steht mit seiner Meinung nicht allein da. Laut einer Umfrage des japanischen Roten Kreuzes fühlten sich viele Japaner von ihrer Regierung im Stich gelassen. Die Katastrophe hat die Einstellung der Japaner gegenüber Atomkraft als Energiequelle geändert. Laut einer Umfrage der Tageszeitung "Asahi Shimbun" sind fast 60 Prozent gegen eine Rückkehr zur Atomkraft. Auch Shiga versteht die Pläne der Regierung nicht, die Kernreaktoren wieder anzuschalten.
Für die Regierung der Präfektur Fukushima und die Menschen, die dort leben, waren die Ereignisse zu einschneidend, als das man wieder zur Atomkraft zurückkehren könnte wie der Rest des Landes. "Die Mehrheit der Bevölkerung hier ist für die erneuerbaren Energien" sagt Satoru Otha, verantwortlich für die Förderung von Windkraft und Co. im Amt für Handel in der Präfektur Fukushima. Bis 2020 will sie daher den Anteil der Erneuerbaren Energien in der Region von derzeit 10 Prozent auf 40 Prozent steigern - auch mit Unterstützung aus Deutschland. Mitte Februar 2014 vereinbarte Fukushima eine Kooperation mit dem deutschen Fraunhofer Institut und der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen.
Die japanische Regierung hat 2013 angefangen, erste Gebiete rund um das Kraftwerk wieder freizugeben. Doch Shiga hat die Hoffnung aufgegeben, dass er jemals wieder in Tomioka leben kann. "Natürlich will ich zurück", sagt er. "Ich war am Anfang sehr optimistisch. Aber niemand außer mir würde mit mir gehen. Ich wäre allein." Drei Jahre sind eine lange Zeit. Viele der laut dem japanischen Roten Kreuz ursprünglich rund 300.000 Katastrophen-Flüchtlinge haben sich bereits damit abgefunden, nicht mehr in ihre alten Wohnorte zurückkehren zu können. "Ich werde hier bleiben. Die Menschen waren sehr nett zu mir", sagt auch Shiga. Doch so richtig weiß er nicht, wie es weitergeht. Auf der einen Seite würde er gern in ein neues Haus ziehen, mit mehr Privatsphäre. Aber er hat auch Angst vor den Veränderungen. "Es hat sich hier eine Gemeinschaft entwickelt", sagt er. "Wenn wir umziehen, müssten wir wieder ganz von vorn anfangen."
Noch immer ist die Radioaktivität in Tomioka stark erhöht. Dort leben kann derzeit niemand mehr. Doch auch rund 9000 Kilometer weiter westlich verändert die Katastrophe das Leben von Millionen Menschen.
Das Frühjahr 2011 markiert eine komplette Kehrtwende der Bundesregierung. Nur ein halbes Jahr zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel beschlossen, die Atomkraftwerke im Durchschnitt noch zwölf Jahre länger laufen zu lassen als ursprünglich im Jahr 2002 beschlossen. Rechtsexperten warnen, dass die sofortige Abschaltung der sieben ältesten Reaktoren nicht verfassungskonform ist. Eine Klagewelle bleibt dennoch aus. Der Essener Energieversorger RWE ist der Einzige, der auf sein Recht pocht, weil das Land Hessen einfach sein Atomkraftwerk Biblis abgeschaltet hat - ohne das Unternehmen auch nur vorher anzuhören, wozu es eigentlich verpflichtet gewesen wäre. Das Bundesverwaltungsgericht urteilt schließlich, dass bei der raschen Entscheidung nicht alles rechtens war und verpflichtet das Land Hessen dazu, RWE einen dreistelligen Millionenbetrag als Entschädigung zu zahlen. Die Bundesregierung bleibt beim vorgezogenen Ausstieg aus der Kernenergie. Im Sommer 2011 erteilt Bundeskanzlerin Merkel der Atomkraft eine endgültige Absage.
Die Katastrophe von Fukushima hat "tiefe Besorgnis in der Bevölkerung weltweit ausgelöst und das Vertrauen in die Atomkraft beschädigt", sagt Yukiya Amano, Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA im September 2011, sechs Monate nach der Explosion im Kernreaktor. Tatsächlich spricht sich die Mehrheit der Bürger weltweit gegen die Kernenergie aus. Zahlreiche Nationen, wie etwa die USA, China und Frankreich lassen nach dem Unglück die Sicherheit ihrer Kernreaktoren überprüfen. Seit 2011 werden laut IAEA weniger Atomkraftwerke errichtet als vor der Katastrophe. Zum Erliegen gekommen ist der Zubau jedoch nicht.
Die meisten Länder halten auch nach der Atomkatastrophe von Fukushima an der Nuklearenergie fest. So wie Frankreich. Nachdem der damalige Präsident Nikolas Sarkozy eine Überprüfung der Atomkraftwerke nach dem Unfall anordnet, setzt das Land nach wie vor auf Atomkraft - auch unter dem neuen Regierungschef Francois Hollande. Frankreich hat mit rund 80 Prozent Atomenergie den größten Anteil an durch Kernspaltung erzeugtem Strom in Europa. Derzeit sieht es so aus, als ob sich daran auf mittlere Frist auch nichts ändern wird. Auch andere Länder schwören weiter auf die Atomkraft. England etwa baut neue Reaktoren und Spaniens konservative Regierung erwägt, die Laufzeiten der acht Atomkraftwerke des Landes von derzeit 40 Jahren auf bis zu 60 Jahre zu erhöhen. Laut einer Aussage der Vereinten Nationen könnten in den nächsten fünf Jahren sogar vier Nationen ihren ersten Nuklearreaktor bauen: Polen, die Türkei, Bangladesh und Jordanien.
In Deutschland hingegen boomt seit dem Jahr 2011 der Ausbau der erneuerbaren Energien wie nie zuvor. Seit dem Unglück von Fukushima wurden Solaranlagen mit einer Leistung von rund 18.000 Megawatt errichtet - das ist ungefähr so viel wie 15 mittelgroße Atomkraftwerke im Durchschnitt erzeugen. Die Technik machte enorme Sprünge, gleichzeitig purzelten die Preise. Im Jahr 2006 musste man noch rund 5.000 Euro pro Kilowatt für eine fertige Solaranlage bezahlen. Bereits 2010 waren es nur noch rund 3.000 Euro. Aktuell liegen die Preise laut dem Branchenverband BSW bei 1.709 Euro.
Der Umbau der Stromversorgung verändert auch die Landschaft Deutschlands. Da, wo früher nur Wald und Wiesen waren,...
...drehen nun Rotorblätter in schwindelerregender Höhe ihre Runden. Seit dem Unglück von Fukushima wurden rund 2.300 neue Windkraftanlagen an Land gebaut. Mittlerweile gibt es rund 23.700 Windräder in Deutschland. Auf rund 340 Deutsche kommt so ein Windrad - pro Dorf ein Rad. Aber nicht nur die Hülle von Deutschland, das hübsche Äußere, hat sich verändert. Auch in das Getriebe, in die vielen kleinen und großen Rädchen, die die Wirtschaft und damit auch das Fortkommen Deutschlands gewährleisten, ist umtriebige Bewegung gekommen. Wo es früher nur Kunden gab, erzeugen Privathaushalte inzwischen ihren eigenen Strom. Und auch die Unternehmen erfinden sich neu, seitdem Windkraft und Co. Deutschland übernehmen.
Der Umbau der Energieinfrastruktur ist teuer. Und so ist der Strompreis in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Das Paradoxe: Die Kosten, die tatsächlich für die Erzeugung des Stroms anfallen, sind in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Doch die Abgaben sind stark gestiegen. Vor allem die Ökostromsubvention, also die sogenannte EEG-Umlage, ist in die Höhe geschossen. Die neue Bundesregierung will das zwar ändern. Bis dahin ist jedoch noch viel zu tun. Und die Maßnahmen, die Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel bisher in Aussicht gestellt hat - also die starke Beschränkung des weiteren Ausbaus von Windkraft und Co - werden wohl nicht den erhofften Effekt bringen. Kurzfristig werden die Ausgaben für die Förderung der erneuerbaren Energien jedenfalls nicht sinken. Zu hoch sind die Verpflichtungen für die alten Anlagen. Immer mehr Unternehmen kämpfen daher mit steigenden Stromrechnungen. Auch Warwick-Geschäftsinhaber Peter Wilfers ist daher inzwischen nicht nur Experte für Gitarrensaiten, sondern auch für Stromerzeugung.
Die Bundesregierung hat bereits im Jahr 2010 einen detaillierten Plan zum Ausbau der erneuerbaren Energien vorgelegt. Bis zum Jahr 2050 soll 80 Prozent der Stromversorgung mit Windkraft und Co. abgedeckt werden. Klicken Sie auf die Häkchen, um zu erfahren, wo der deutsche Strom in Zukunft herkommen soll.
Wind wird im Leben der Deutschen im Jahr 2050 eine sehr wichtige Rolle spielen. Bis dahin sollen 50 Prozent des Stroms aus Windkraft gewonnen werden. Weil jedoch nicht immer überall die gleiche Brise weht, müssen mehr Anlagen errichtet als im Grunde gebraucht werden. Nach Berechnungen des Fraunhofer Instituts und des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums aus dem Jahr 2012 könnten 2020 bereits 49 Gigawatt Leistung Windenergie installiert sein - 39 Gigawatt auf dem Land und 10 Gigawatt auf hoher See. Deutschland ist von dieser Prognose nicht weit entfernt. Derzeit beträgt die installierte Leistung von Windenergieanlagen an Land rund 34 Gigawatt.
Die Zahl der Solaranlagen wird im Jahr 2020 laut der Fraunhofer/DLR-Prognose zunächst auf insgesamt mehr als 50 Gigawatt und im Jahr 2050 auf fast 70 Gigawatt anwachsen - das entspricht der potenziellen Leistung von ungefähr 60 Atomkraftwerken. Nur in den nächsten zwei Jahren wird noch die Photovoltaik als Einzeltechnik dominieren, schon 2015 soll sie von der Windkraft überholt werden.
Richtig bewusst werden sich die Menschen in Deutschland jedoch erst in den kommenden Jahren werden, was Energiewende wirklich bedeutet. Die Infrastruktur des Landes muss komplett umgestellt werden. Wo ehemals nur einige wenige Leitungen nötig waren, die den Strom von einigen wenigen großen Kraftwerken in die Haushalte und zu den Fabriken transportieren, werden in Zukunft hunderte Kilometer mehr Netze gebraucht. Jede einzelne Solarzelle muss angebunden werden, jede Biogasanlage und jedes einzelne Windrad. Laut nationalem Netzentwicklungsplan fehlen für die Energiewende 4600 Kilometer neue Stromleitungen - das entspricht ungefähr der Strecke von Hamburg nach Lissabon und wieder zurück. Besonders wichtig sind die Höchstspannungsnetze, von denen insgesamt 1876 Kilometer bis 2016 errichtet werden müssen. Gebaut worden sind zu diesem Zeitpunkt jedoch gerade einmal 322 Kilometer. Die Trassen führen vorbei an Wohngebieten, sie entwerten Grundstücke und werden das Leben der Menschen beeinflussen. Viele wehren sich dagegen. Die Wende ist noch nicht geschafft. Es ist erst der Anfang.
1
Die Katastrophe
2
Die Entscheidung
3
Die Wende
4
Die Zukunft